Der andere Strang in Ihrem Film ist die Frage nach den Hintergründen des Erfolgs. Warum haben Sie es nicht einfach bei einem Musikfilm belassen?
Ich wollte die Zusammenhänge zwischen der Musik und den Bedürfnissen der Menschen in dieser Zeit nach dem Zusammenbruch des alten Systems genauer verstehen. Shnur zitiert Filmmusik aus sowjetischer Zeit, er verwendet Teile aus alten sowjetischen Liedern. Er bietet also den Menschen Zitate, in denen sie sich wiederfinden. Das gilt auch für die Flüche und die ganz eigene Gossensprache. Diese Sprache wird „Mat“ genannt. Eigentlich versteht sie jeder in Russland, aber kaum jemand gibt zu, dass sie existiert, weil der „Mat“ nur aus obszönen Wörtern besteht. Man kann das nicht übersetzen, ich habe es vergeblich versucht, es würde aber einen falschen Eindruck vermitteln. Ein weiteres Element ist die Tradition des russischen Gangsterchansons. So wie der Blues für die Amerikaner ist das Gangsterchanson für die Russen eine Musik der unterprivilegierten Schichten. Shnur rettet alle diese Elemente in die nachsowjetische Zeit, indem er sie in die Pop-Musik integriert. Das hat etwas Nostalgisches und etwas Kritisches gegenüber dem, was in Russland in der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts passiert ist.
Ihr Film verbindet die thematischen Elemente mit der musikalischen Energie durch den Schnitt. Wie viel Stunden Material hatten Sie?
Es waren knapp 60 Stunden und es hat in der Tat einige Anstrengung gekostet, das einzudampfen. Es fiel mir schwer, das Thema so zu vereinfachen, auch wenn klar ist, dass der Film in seiner jetzigen Länge von 82 Minuten sehr gut funktioniert. Eigentlich schätze ich das Differenzierte. Ich möchte Filme über Themen machen und nicht in erster Linie Geschichten erzählen. Deswegen ist es auch keine klassische Musikdokumentation geworden.
Im Jahr 2008 hat Shnur die Band aufgelöst, was für die übrigen Musiker zum Teil erhebliche materielle Nachteile mit sich brachte. Können Sie seine Entscheidung nachvollziehen?
Aus künstlerischer Sicht kann ich das verstehen. Die Platten wurden am Ende schwächer. Er hat angefangen, sich selbst zu kopieren, was er auch gespürt und geäußert hat.